Persönlichkeiten in der Pflege
Marie-Luise Friedemann
Marie-Luise Friedemann wuchs in Zürich auf, wo sie an der Kantonalen Handelsschule mit der Maturität (Abitur) abschloss.
Ihr Weg führte Sie in die Vereinigten Staaten von Amerika, wo sie eine Ausbildung in der Krankenpflege begann. Angeschlossen an die Pflegeausbildung hat sie dann das Studium zum Bachelor of Nursing, und dann 1977 das Masterstudium beendet. In ihrer weiteren Entwicklung studierte Fr. Friedemann an der Universität von Michigan, wo sie 1984 ihren Doktor in Pädagogik und Gemeindeplanung verliehen bekam.
Frau Dr. Friedemann hat sich im Laufe ihrer Karriere sehr um die Entwicklung der Familienpflege bemüht, und so die Theorie des systemischen Gleichgewichtes sowie das Kongruenzmodell und ASF-E - ein Instrument zur Messung der Qualität von Familiendynamik.
Im folgenden einige interessante Links :
Wir haben Fr. Dr. Friedemann gefragt:
Was müssen Pflegende im Zuge der Professionalisierung der Pflege besser machen ?
Hier ihre Antwort :
Wissen, Wissen schaffen, Wissen vermitteln. Als erstes geht es darum, dass wir dauernd lernen und Informationen suchen, mit denen wir unsere Pflege verbessern können. Beim zweiten handelt es sich um "Evidence". Einige von uns haben die Forschung zur Aufgabe. Die meisten Pflegenden jedoch sollen Fragen stellen und Antworten suchen, Neues versuchen, Erprobtes umsetzen. Beim dritten handelt es sich um das Verbreiten des Gelernten: diskutieren, miteinander wachsen, Artikel schreiben, an Konferenzen sprechen. Die Grundlage all dessen ist Mut und Selbstvertrauen. Wer mit Überzeugung spricht und handelt, kann auch andere überzeugen (auch Mediziner). Zusammen können wir es schaffen.
Angelika Zegelin
Angelika Zegelin hat nach langen Jahren praktischer Tätigkeit in der Krankenpflege, in denen ´sie sich auch um die Aus-und Weiterbildung von Pflegenden gekümmert hat, den akademischen Weg beschritten, und letztlich die Doktorwürde erlangt.
Auch ist sie immer wieder und gern gesehener Gast bei zahlreichen Kongressen und Veranstaltungen.
Wir haben Fr. Dr. Zegelin gefragt:
Pflege soll sich immer mehr professionalisieren.
Was bedeutet das für die Pflegenden selbst beim Umgang mit fachbezogenen Informationen ?
Hier ihre Antwort :
Das Wissen in der Pflege ist in den letzten Jahren nahezu explodiert, die Einsichten und Ergebnisse liegen allerdings in sehr zersplitterter Form vor. Alle Versuche der Bündelung sind sinnvoll !
Komfortable und gut verlinkte Portale sind eine außerordentliche Hilfe, damit Pflegende sich auf dem Laufenden halten können.
Sabine Bartholomeyczik
Frau Prof. Dr. Sabine Bartholomeyczik wurde 1944 geboren. Sie studierte nach ihrer Ausbildung in Krankenpflege Soziologie in Mannheim, doktorierte in Berlin und erhielt die Venia Legendi für das Fach Pflegewissenschaft in Witten wo sie heute den Lehrstuhl für Epidemiologie - Pflegewissenschaft inne hat.
In ihrem Lebenslauf finden sich Auslandsaufenthalte an der Summer School in Ann Arbor und in Atlanta am Centers for Disease Control. In Deutschland war Frau Prof. Bartholomeyczik zunächst als Krankenschwester tätig, dann als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie des Bundesgesundheitsamtes. Danach freiberuflich als Dozentin für
Pflegeforschung und als Mitarbeiterin des Agnes Karll Instituts für Pflegeforschung. Ihre erste Professur für Pflegewissenschaft hatte sie an der Fachhochschule Frankfurt am Main inne und seit 2001 ist sie nun Professorin und Lehrstuhlinhaberin an der Universität Witten/Herdecke.
Ihre Schwerpunkte sind neben der Entwicklung von Pflegewissenschaft und Pflegeforschung die Erfassung und Operationalisierung von Pflegebedürftigkeit, die Entwicklung von Instrumenten zur Messung von Pflegequalität, die Pflegeberichterstattung im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung und die Quantitative Forschung. Seit 1999 ist Frau Prof. Bartholomeyczik Vorsitzende des DV Pflegewissenschaften und seit 2002 Mitglied des Lenkungsausschusses des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP). Neben ihrer Mitgliedschaft in verschiedenen weiteren Gremien ist sie auch als Stiftungsrätin der Stiftung Pflege engagiert.
Die Frage die uns Frau Prof. Bartholomeyczik beantwortet ist folgende:
Wie kann Pflegewissenschaft in Zukunft in der Praxis besser wirksam werden?
Hier ihre Antwort :
Praxiseinrichtungen, Krankenhäuser, Altenpflegeheime, Träger anderer Pflegeanbieter benötigen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen mit pflegewissenschaftlicher Expertise. Die Abteilungen sollten einerseits mit forschenden Hochschulen kooperieren und andererseits die Praxisprobleme ihrer Einrichtungen aufgreifen. Sie sollten die Entwicklung von Wissen fördern und Wissenszirkulation betreiben. Dazu gehören Implementierungsprojekte, die die Nachhaltigkeit von neuen Konzepten zum Ziel haben müssen. Dies kann nur in enger Vernetzung zwischen Wissenschaft und Praxis erfolgen, deswegen muss die Wissenschaft zu Teilen auch in den Praxiseinrichtungen angesiedelt sein. Pflegewissenschaft erhält ihre Rechtfertigung durch die Förderung und Entwicklug der Pflegepraxis.
Silvia Käppeli
Silvia Käppeli hat in den 70er Jahren in der Krankenpflege gearbeitet, sich dabei aber nicht auf die Schweiz, ihr Heimatland beschränkt, sondern war in Griechenland und Israel tätig, bevor sie dann die Ausbildung zur Lehrerin in Krankenpflege machte. 1980-1984 erlangte sie ihren ersten Doktortitel an der University of Manchester, Med. Fac., Dept. of Nursing (Diploma in Advanced Nursing Studies, Master of Science, Philosophical Doctor). Seit 1989 ist Frau Käppeli Leiterin der Stabstelle für Entwicklung und Forschung in der Pflege ZEFP am Universitätsspital Zürich.
Das Lizentiat an der geisteswissenschaftlichen Fakultät der universitären Hochschule Luzern folgte 1995 und 1997 dann das Doktorat in Judaistik in Verbindung mit Pflegewissenschaft an der Universität Luzern. 2000-2001 war Frau Käppeli Lehrbeauftragte an den Universitäten Zürich und Witten-Herdecke
DDr. Silvia Käppeli hatte und hat die verschiedensten Mandate und Lehraufträge inne und hat sehr viel publiziert. Die Aufzählung würde den Rahmen hier sprengen.
Am 24. Oktober 2008 hat Frau Käppeli am 5. Kongress für Gesundheitsökonomie und Gesundheitswissenschaften in Bern ein Referat gehalten mit dem Titel "Der mündige Patient in der Pflege – ein Widerspruch in sich selbst?". Hier finden Sie den Link zum
Referat >>
Unsere Frage an Frau Käppeli lautet:
"Welche Voraussetzungen brauchen Pflegende um die Patientinnen und Patienten in ihrer Selbstkompetenz zu unterstützen und zu fördern ? Welchen Beitrag kann hierbei die Pflegeforschung leisten ?"
Hier ihre Antwort :
Die Pflegenden brauchen eine Haltung mit der sie Patienten grundsätzlich als in Bezug auf ihr persönliches Gesundheitsmanagement (illness-management) kompetente Partner respektieren. Gleichzeitig müssen sie aber eine wissensgestützte und systematische Einschätzung/Abklärung vornehmen, ob und in welchen Bereichen der Patient tatsächlich kompetent ist und seine Kompetenz auch praktizieren will, kann, mag. Sie müssen abklären, was es für den Patienten bedeutet, die Verantwortung übernehmen zu müssen und in welchen Bereichen dies überhaupt realistisch und wünchenswert ist. Allenfalls müssen sie stellvertretend entscheiden und handeln. Die Pflegende muss Kontrolle abgeben können, gleichzeitig aber, dort wo es nötig ist und wo sie die Expertin ist, ihre Expertise souverän ausüben.
Professionalität/Fachkompetenz:
Pflegende brauchen Fachwissen und hermeneutisches Fallverstehen, um zu begreifen, warum ein Patient was wie will oder nicht will/kann. Sie müssen die Daten der Assessments der Fachleute im Kontext der Lebenssituation des Patienten richtig interpretieren lernen.
Pflegende müssen die Konsequenzen ihrer Assessments und ihrer Diagnostik kennen. Die Patientensicherheit muss jederzeit gewährleistet sein.
Kontext:
Die Selbstkompetenz des Patienten kann durch die Pflege nur unterstützt werden, wenn dies auch vom Management und vom ganzen Team gestützt ist und wenn Zeitverhältnisse, Arbeitsdruck, Kontinuität der Betreuung etc. es erlauben.
Pflegeforschung
Die Pflegeforschung kann z.B. untersuchen, ob die Versorgungsqualität wirklich verbessert wird durch die Patientenedukation, welche Risiken sie beinhaltet, wo welche Art von Unterstützung von Selbstkompetenz oder Patientenedukation oder patient-empowerment zu welchen Ergebnissen geführt hat. Sie kann überhaupt untersuchen, ob der Einbezug von Patienten zu besseren Pflegeergenissen führt. Sie kann die Bedinungen untersuchen, unter welchen patient-empowerment gelingt oder nicht. Und sie könnte Grundlagenforschung /Begriffsklärung betreiben. Zum Beispiel zu den Fragen was Selbstkompetenz überhaupt heisst, im Rahmen welchen Gesundheitsbegriffs sie empfohlen wird oder welche Art von Verantwortung der Patient wirklich übernehmen kann.
Sr. Liliane Juchli
Den Lebenslauf von Sr. Liliane Juchli hier kurz zusammenzufassen ist gar nicht möglich. Die Krankenpflege hat sie über Jahrzehnte hin massiv geprägt und Generationen von Lernenden in der Pflege dienten ihre Bücher als Grundlage. Informationen zu Sr. Liliane Juchli finden sich zuhauf im Internet. So z.B. im entsprechenden
Wikipediaeintrag oder im Buch "Liliane Juchli. Ein Zeitdokument der Pflege" (Herausgegeben vom gsh-Innovationsteam. gsh-Verlag. 1998,
Zusammenfassung online >>). Einen Blog mit vielen Fotos gibt es
hier >>
Unsere Frage an Sr. Liliane Juchli war die folgende:
"Ihr Grundsatz lautet: Ich pflege als die die ich bin. Was bedeutet das für die Pflege wenn multikulturelle Teamarbeit zur täglichen Realtät wird und auch die zu Pflegenden zunehmend aus anderen Kulturkreisen kommen?"
Hier ihre Antwort :
„Ich pflege als die die ich bin“ ist ein Wort das ich vor mehr als 30 Jahren geprägt habe. Die Landschaft der Pflege hat sich seither radikal verändert, nicht verändert aber hat sich das Kerngeschäft, nämlich die Sorge des Menschen für den Menschen der der Sorge bedarf. Daran ändert auch die Zugehörigkeit zu einer anderen mir fremden Kultur nichts, ausser wir würden die Aussage falsch, das heisst von einem egoorientierten Selbstbild aus verstehen. Das würde dann bedeuten: „Ich pflege, also bestimme ich was der oder die Andere braucht.“ Genau das aber ist hier nicht gemeint.
„Ich pflege als die, die ich bin“ nimmt den Menschen, aber auch sich selbst radikal ernst, nach dem Wort der Bibel „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“
Übersetzt auf die Pflege bedeutet dies: Die Wahrnehmung seiner selbst, in seinem je eigenen Gewordensein, seinen Kräften und Grenzen wie auch die gesunde Selbstsorge sind unabdingbare Voraussetzung dafür, dass ich den anderen Menschen dort abholen kann, wo er steht. Unabhängig davon, ob dieser Andere meinen Vorstellungen entspricht, und unabhängig davon, ob mir seine Herkunft vertraut oder fremd ist.
Das Wachsen und Werden der eigenen Persönlichkeit ist ein Reifeprozess in dessen Entwicklung wir stets neue Facetten des eigenen Menschseins entdecken und in unser Leben zu integrieren versuchen. Auf diesem Weg erwächst uns auch ein Mehr an Wissen und ein Zuwachs an Kompetenz die uns helfen, auch das uns Fremde besser zu verstehen. Dies so meine ich ist die grundlegende Voraussetzung dafür, dass wir den anderen Menschen als gleichwertigen Partner respektieren, und ihn in seiner Würde annehmen und begleiten können.