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Snoezelen

 

Ein multifunktionales Konzept aus den Niederlanden, das Sinnesempfindungen auslöst.
Es kann sowohl therapeutisch als auch zur Förderung von Fähigkeiten verwendet werden.

 

Begriffserklärung

Der Begriff Snoezelen, ausgesprochen als Snuselen, ist eine Verbindung aus den beiden holländischen Wörtern „snuffelen" und „doezelen". Snuffelen bedeutet übersetzt schnüffeln oder schnuppern und doezelen kann übersetzt werden mit dösen und schlummern.

 

Konzept

Snoezelen ist ein multifunktionales Konzept und wird oft mit Wohlfühlen und Beschäftigung in Verbindung gebracht. Durch das Snoezelen werden Sinnesempfindungen ausgelöst, welche in verschiedensten Wahrnehmungsbereichen wirken. Die Wirkung kann sowohl entspannend, jedoch auch aktivierend sein. Das Konzept wird heutzutage sowohl zur Therapie als auch zur gezielten Förderung eingesetzt.

 

Grundannahme

Unsere Welt wirkt auf behinderte oder kognitiv eingeschränkte Personen ganz komplex. Sie sind deshalb oft nicht in der Lage diese Reize differenziert zu betrachten, beziehungsweise auf Situationen angemessen zu reagieren. So ist es auch nicht möglich, dass sie sich in einer ihnen fremden Umwelt adäquat zurechtfinden können. In der Realität gibt es die gebündelten Reizinformationen, was die Betroffenen überfordert, weil es zu viele Reize auf einmal sind, die auf sie einwirken. Deshalb möchte man mit dem Snoezelen die Reize selektiv anbieten, damit diese Reizüberflutung und –überforderung vermieden werden kann. So kann sich der Betroffene nur auf einen Reiz konzentrieren.

 

Entstehungsgeschichte

In den 70er Jahren entwickelte der Beschäftigungstherapeut namens Ad Verheul und der Musiktherapeut Jan Hulsegge das Snoezelen in den Niederlanden. Ursprünglich entwickelt wurde das Konzept für Menschen mit Mehrfachbehinderungen. Die Entwickler installierten in einem überwiegend weissen Raum Geräte und Elemente, die verschiedene Sinnesempfindungen auslösten.

Das heute bekannteste Snoezelezentrum befindet sich in den Niederlanden und trägt den Namen „De Hartenberg".

 

Ziel und Wirkung

Folgende Ziele können durch das Snoezelen erreicht werden:

  • Verbesserung der Lebensqualität
  • Zugang und Kommunikationsmöglichkeiten finden
  • Individuelle Bedürfnisse erkennen und befriedigen
  • Interesse wecken
  • Wohlbefinden erzeugen
  • Beschäftigung
  • Förderung von Vertrauen und Entspannung
  • Neue Wahrnehmungsdimensionen erleben
  • Stressbewältigung erleichtern
  • Gefühle ausleben
  • Autonomie fördern
  • Abbau fixierter Verhaltensmuster
  • Vertrauensvollere Entwicklung einer Beziehung
  • Etc.

 

Wirken und dementsprechend auch angewendet werden kann Snoezelen bei:

  • Psychischen Problemen (z.B. Stress, Magersucht)
  • Physiologischen Erkrankungen (z.B. Demenz, erhöhte Schmerzzustände)
  • Emotionalen Problemen (z.B. Depression, erhöhter Gewaltbereitschaft)
  • Aufmerksamkeitsstörungen
  • Mangelnder Konzentration und Motivation 

 

Seniorin mit farbigen KugelnNicht vergessen darf man, dass das Snoezelen auch unerwartete Reaktionen auslösen kann, deren Ursache in einem Trauma liegt. Dies kann zum Beispiel bei Personen die Krieg erlebt haben. Sie können einen abgedunkelten Raum mit einem Bunker in Verbindung bringen oder überraschende Lichteffekte mit dem erlebten Kriegsgeschehen koppeln. Deshalb ist es von zentraler Bedeutung die Reize und deren Volumen jeweils individuell auf den Empfänger des Snoezelen abzustimmen und diesen selbst wählen zu lassen, mit was er sich im Snoezeleraum beschäftigen möchte.

(Bildquelle: sf.tv - URL: http://www.sf.tv/webtool/data/pics/pulsmerk/websnoezelen-2.jpg)

 

Einsatzgebiete

Zurzeit wird das Snoezelen vor allem in Einrichtungen für geistig behinderte Menschen oder Senioren angewendet. Ebenfalls zu finden ist dieses Konzept in Hospizen, Kliniken (insbesondere Onkologie, Psychiatrie, Neurologie, Pädiatrie), Kindergärten und Schulen. Anstatt eines Snoezelenraums kann auch eine mobile Snoezelestation verwendet werden. Diese kann zum Beispiel in einem Pflegeheim von Nutzen sein für die bettlägerigen Patienten. So können auch Personen, denen es nicht möglich ist in den Snoezeleraum zu gehen, von dem Angebot profitieren.

 

Bei dementen Personen wird mit dem Snoezelen angestrebt, dass sie sich ausdrücken können, was ansonsten oftmals nicht mehr möglich ist. Auch ist es oft schwer eine entspannte Atmosphäre zu schaffen, was mit einem Snoezeleraum besser erreicht werden kann. Zudem kann es sein, dass es dementen Personen durch das Snoezelen möglich ist, schöne Erinnerungen wach zu rufen.

Ein wichtiger Grundsatz ist: Nichts muss gemacht werden, alles ist erlaubt. Es ist demzufolge wichtig, das Angebot auf den Empfänger abzustimmen. Dazu ist es notwendig, dass keinerlei Zwänge vorhanden sind und der Patient völlig seinen individuellen Bedürfnissen nachgehen kann.

 

Evidenz

Inzwischen gibt es zahlreiche Studien aus verschiedenen Ländern, welche die Wirkung des Konzepts bestätigen. Viele Daten wurden erhoben und gesammelt durch die International Snoezelen Association (ISNA).

Eine Studie, die im Jahr 2004 von der Universität Utrecht durchgeführt wurde, untersuchte die Wirkung von Snoezelen auf Stimmung und Verhalten in sechs Altenpflegeheimen. Nach 18 Monaten, in denen das Konzept angewandt wurde, konnten folgende Auswirkungen festgehalten werden:

 

Die Bewohner und Bewohnerinnen

  • zeigten weniger apathisches und aggressives Verhalten
  • zeigten eine positivere Grundstimmung
  • zogen sich weniger zurück
  • zeigten mehr Freude
  • sprachen mehr in ganzen Sätzen

 

Zudem stieg die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden und die Interaktion zwischen den Bewohnern und dem Pflegepersonal verbesserte sich.

Studie "The Implementation of snoezelen in psychogeriatric care: an evaluation through the eyes of caregivers" >>

 

Raum und Betreuer

Im Raum selbst ist es wichtig, dass eine angenehme Atmosphäre herrscht. Dazu ist es von Vorteil, wenn die Wände und der Boden weiss sind, damit Lichtobjekte und andere Beschäftigungsmaterialien ohne zusätzliche Reize eingesetzt werden können. Ausserdem sollte Ablenkung verhindert werden, damit der Fokus wirklich auf einem ausgewählten Reiz liegt. Dafür kann eine ruhige entspannende Hintergrundsmusik hilfreich sein. Aus Sicht des Betreuenden ist es wichtig, keine Anforderungen an den Patienten zu stellen, sondern diesen ins Zentrum ist und der Betreuer nur eine Assistenzrolle übernimmt. Zum Beispiel wenn ein Kind nicht zum nötigen Material kommt aufgrund von Mobilitätseinschränkungen, dass er das Material in die Nähe bringt. Sehr wichtig ist auch, dass Körperkontakt zwischen Betreuer und Patient nur besteht, wenn dies gewünscht wird. Wenn der Patient Nähe eher ablehnt, was auch zu erkennen ist durch nonverbale Signale, dann sollten diese auch beim Snoezelen beachtet und dementsprechend gehandelt werden.

 

(Bildquelle: International Snoezelen Association ISA, http://www.isna.de/index3.html)

Einrichtung für SnoezelenGestaltung und Ausstattung

Die Palette der verwendeten Materialien die zum Snoezelen verwendet werden können ist unerschöpflich. Einige Materialien die oft anzutreffen sind in einem Snoezeleraum sind:

  • Wasserblasensäule
  • Mobiles
  • Kissen, Sessel, Liegen
  • Lampen, Laternen, Lavalampen, Lichtprojektoren z.B. für Sternenhimmel
  • Windspiele, Klangschalen, Glocken
  • Wasserbett mit Lautsprechern
  • Vibrationsgegenstände, Massageröhren
  • Tastplatten
  • Gepolsterte Böden und Plattformen
  • Aromaverbreiter
  • Technische Geräte um Musik abzuspielen
  • Etc.

 

Die Gegenstände sprechen die Wahrnehmung der Sinne Hören, Sehen, Riechen, Schmecken und Fühlen an. Die intelektuellen Fähigkeiten des Menschen wie denken, erinnern, logisch einordnen sind bei Snoezeleempfängern eingeschränkt. Es ist deshalb wichtig, die Reize spezifisch zu setzen.

 

Schmecken: Wahrnehmung erfolgt über die Zunge, deshalb geht es hier um die Unterscheidung verschiedener und gegensätzlicher Geschmacksrichtungen.

- Beispiel: Lebensmitteln mit ausgeprägten Geschmacksvarianten wie Zitronen, Schokolade oder Salzstangen.

 

Riechen: Gerüche werden meist unterschieden in angenehm und unangenehm. In der Erinnerung können Bilder aus früheren Situationen hochkommen z.B. Es riecht wie Weihnachten (Zimt, Tannenzapfen, Bratapfel). An dieser Stelle noch einen Verweis auf die Aromatherapie.

- Beispiel: Aromaöle, Kräutersäckchen oder Gewürze

 

Fühlen: Es geht dabei um die taktile Wahrnehmung. Dabei empfinden wir Druck, Wärme, Kälte und Berührung. Hier der Querverweis auf die Basale Stimulation.

- Beispiel: Massagerolle, Felle, Bälle, Tastbretter oder Schmuck

 

Sehen: Über die Augen erkennen wir Bilder, die im Gehirn gespeichert werden. Bei den Snoezelerempfänger ist die Zuordnung der Bilder oft nicht mehr möglich, so können sie z.B. Personen nicht mehr wiedererkennen. Licht und Farben werden jedoch als angenehm oder unangenehm empfunden, sie beruhigen oder regen an.

- Beispiel: Flüssigkeitsprojektoren, Discokugeln, Mobiles, Puppen, Ballons oder Stoffe

 

Hören: Darunter wird die Wahrnehmung von Klängen, Tönen und Geräuschen verstanden.

- Beispiel: Klangrohre, Musikinstrumente, Klangwände oder Glocken

 

Prinzipien

Damit das Snoezelen seine optimale Wirkung entfalten kann, müssen gewisse Gegebenheiten erfüllt sein. So ist eine angenehme Atmosphäre wichtig, damit sich der Patient völlig auf das Snoezelen einlassen kann. Ausserdem muss die Betreuungsperson vom Konzept des Snoezelen überzeugt sein, damit sie dies dem Empfänger auch dementsprechend vermitteln kann. Weiter muss die zwischenmenschliche Beziehung zwischen dem Patienten und der Pflegeperson stimmig sein und das Zeitempfinden und Reizangebot individuell abgestimmt werden.

 

Verwendete Quellen:

Artikel "Bei Demenz – Snoezelen weckt schöne Erinnerungen" >> 

International Snoezelen Association ISNA >>

Snoezelen im Sonnähus

Artikel zu Snoezelen bei der Epilepsie Selbshilfe Bayern >>

 

Weiterführende Literatur:

Mertens, K. (2004). Snoezelen. Eine Einführung in die Praxis. Dortmund: Modernes Lernen Borgmann.

ISBN: 3808005181

 

Löding, C. (2004). Snoezelen. München: Urban & Fischer Verlag.

ISBN: 3437465902

 

 

 

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