Der Ruf nach evidenzbasierter Medizin macht vor der Hygiene nicht halt
Doch die Debatten um sinnvolle und weniger sinnvolle Hygienemaßnahmen werden in diesem Fachgebiet emotionaler geführt als anderswo. Wie viel Wissenschaft verträgt die Hygiene?
Volker Zastrow von der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) ist ein Freund der klaren Worte. Nicht dass er wissenschaftliche Untersuchungen zur Effektivität von Hygienemaßnahmen pauschal ablehnen würde. Doch über vieles, was unter dem Label der wissenschaftlichen Hygieneforschung zu Papier gebracht wird, kann er nur den Kopf schütteln. „Zahlreiche Untersuchungen, die angestellt und publiziert werden, halte ich persönlich für wissenschaftliche Beschäftigungstherapie. Und zumindest einige Diskussionen um Sinn und Unsinn von Hygienemaßnahmen gehen schlicht an der Krankenhauswirklichkeit vorbei“, so Zastrow, der bei den Vivantes Kliniken Berlin am Klinikum Spandau die Position des Chefarztes des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin innehat.
Die Gretchen-Frage: Sinnlos oder verantwortungslos? Diese Diskussionen speisen sich aus einer ganzen Reihe von Veröffentlichungen der letzten Jahre, Veröffentlichungen in Journalen wie dem Deutschen Ärzteblatt, der Deutschen Medizinischen Wochenschrift, dem Chirurgen oder der Reihe Krankenhaushygiene up2date. In diesen Publikationen wird von unterschiedlichen Autoren der Sinn einiger breit eingesetzter und oft nicht gerade kostengünstiger Hygienemaßnahmen im Krankenhaus zumindest in Frage gestellt, darunter bestimmte raumlufttechnische Anlagen, endständige Wasserfilter für die Legionellenprävention und auch diverse Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle von MRSA-Infektionen.