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Neuer HTA-Bericht zur Prävention von Alkoholmissbrauch bei Kindern und Jugendlichen
Wirksamkeit muss geprüft werden

Trotz verschiedener Aktivitäten zur Prävention des riskanten Alkoholkonsums steigt die Zahl von Alkoholvergiftungen bei Zehn- bis 20-Jährigen. Wissenschaftler haben untersucht, welche Präventionsmaßnahmen unter welchen Bedingungen Alkoholmissbrauch bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen vermindern können. Sie zeigen, dass Untersuchungen über die Wirksamkeit solcher Maßnahmen lückenhaft sind. Die Ergebnisse fassen sie in einem HTA-Bericht zusammen, der kostenfrei beim DIMDI abrufbar ist.

Der Begriff "riskanter Alkoholkonsum" bezeichnet ein Trinkverhalten, das sich negativ auf die gesundheitliche und (psycho-)soziale Entwicklung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen auswirken kann. Zur Häufigkeit des riskanten Alkoholkonsums bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen von zwölf bis 25 Jahren liegen unterschiedliche Ergebnisse vor.
Als Erklärung für riskanten Alkoholkonsum werden Faktoren der sozialen Umwelt, personale und familiäre Faktoren, der Einfluss von Bezugspersonen/-gruppen sowie alkoholspezifische Wirksamkeitserwartungen und Normen herangezogen. Maßnahmen der Verhaltens- und Verhältnisprävention sollen diese Faktoren beeinflussen.

Auf Basis einer systematischen Literaturrecherche identifizieren die Autoren des HTA-Berichts vor allem effektive Komponenten und beurteilen aktuelle Präventionsprogramme hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit. Aus 401 Studien wählten sie dazu 59 für den HTA-Bericht.
Die überwiegende Zahl der betrachteten Studien stammt aus den USA, nur neun aus Deutschland. Die Autoren stellen bei vielen methodische Mängel fest: So wird der Begriff des "riskanten Konsums" in einer großen Bandbreite verwendet. Die Studien differenzieren Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene teilweise mit unterschiedlichen Altersgrenzen. Weiter fehlen Untersuchungen zu jungen Berufstätigen und Minderheiten.

Insgesamt nimmt trotz der Präventionsmaßnahmen der Alkoholkonsum mit steigendem Alter der Jugendlichen zu, stellen die Autoren fest. Der Einfluss altersspezifischer Alkoholnormen für die Übergangsphase vom Jugend- zum Erwachsenenalter wird in den Studien und in der wissenschaftlichen Literatur kaum problematisiert und völlig unzureichend untersucht. Keine Untersuchung benennt explizit den Grad der angestrebten Verhaltensänderung. Die Beurteilung der Effektivität der Maßnahmen erfolgt nur im Nachhinein über nachträglich festgelegte Parameter im Vergleich mit Kontrollgruppen. Darüber hinaus ist die Übertragbarkeit US-amerikanischer Ergebnisse auf Deutschland problematisch.

Laut HTA-Bericht wirksam sind Familieninterventionsprogramme und personalisierte computergestützte Interventionen an Schulen, Colleges und Universitäten. Darüber hinaus auch kurze motivierende Interventionen und Elemente der Verhältnisprävention (z. B. die Erhöhung von Alkoholpreisen und Steuern). Die Wirksamkeit von massenmedialen Kampagnen ist nicht belegt, ebenso von nicht computergestützer schulischer Prävention. Der Bericht zeigt auch, dass nur wenige Maßnahmen Häufigkeit oder Menge des Alkoholkonsums dauerhaft reduzieren.

Die Autoren fordern spezifische und zielgruppenorientierte Präventionsmaßnahmen für den deutschen Kontext. Voraussetzung dafür sind feste Zielgrößen (z. B. Reduktion des Konsums, Änderung des Verhaltens) und eine verbindliche Definition und empirische Bestimmung des "riskanten Alkoholkonsums".

Das Fazit: Gegenwärtig sind Präventionsmaßnahmen zur Reduktion oder Verhinderung von riskantem Alkoholkonsum in Deutschland nicht ausreichend auf ihre nachhaltige Wirksamkeit hin evaluiert. Deshalb empfehlen die Autoren:

  • die Festlegung einer verbindlichen Definition für "riskanten Alkoholkonsum" für Jugendliche die Definition von prioritären Zielgruppen
  • die Entwicklung von Präventionsmaßnahmen, die die Schulkultur und das Schulzugehörigkeitsgefühl fördern
  • die Entwicklung und Durchführung spezieller Interventionsmaßnahmen für männliche 15- bis 17-jährige Jugendliche, für Jugendliche aus gut situierten Familien sowie für berufstätige Jugendliche und junge Erwachsene
  • die Evaluation der deutschen Präventionsmaßnahmen
  • eine Preissteigerung für alle alkoholischen Getränke, die stärkere Kontrolle der Umsetzung des Jugendschutzgesetzes und die konsequente Sanktionierung von Verletzungen des Jugendschutzes

 

Eine Übersicht und die Bewertung aktueller Präventionsmaßnahmen von riskanten Alkoholmustern und alkoholbezogenen Problemen bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland wird derzeit in einem separaten Berichtsteil erarbeitet.

Prävention des Alkoholmissbrauchs von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen von Dr. Dieter Korczak, Gerlinde Steinhauser, Dr. Marcus Dietl

HTA-Berichte bei DAHTA
Die HTA-Berichte sind in der DAHTA-Datenbank beim DIMDI bzw. im HTA-Journal bei German Medical Science (GMS) kostenfrei als Volltext abrufbar. Für die Inhalte der HTA-Berichte sind die genannten Autoren verantwortlich. Alle durch die DAHTA beauftragten Berichte werden in einem standardisierten, anonymisierten Verfahren erstellt, um die Unabhängigkeit der Autoren zu gewährleisten.
 
Das DIMDI stellt über das Internet hochwertige Informationen für alle Bereiche des Gesundheitswesens zur Verfügung. Es entwickelt und betreibt datenbankgestützte Informationssysteme für Arzneimittel und Medizinprodukte und verantwortet ein Programm zur Bewertung gesundheitsrelevanter Verfahren und Technologien (Health Technology Assessment, HTA). Das DIMDI ist Herausgeber amtlicher medizinischer Klassifikationen wie ICD-10-GM und OPS und pflegt medizinische Terminologien, Thesauri, Nomenklaturen und Kataloge (z. B. MeSH, UMDNS, Alpha-ID, LOINC, OID), die für die Gesundheitstelematik von Bedeutung sind. Das DIMDI ermöglicht den Online-Zugriff auf seine Informationssysteme und über 60 Datenbanken aus der gesamten Medizin. Dafür entwickelt und pflegt es moderne Software-Anwendungen und betreibt ein eigenes Rechenzentrum.

 

Die HTA-Berichte sind auch über die Datenbanken DIMDI im Pflegeportal zugänglich.


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Quelle: Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information DIMDI

Veröffentlicht: 2012-05-22

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