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Patientensicherheit - Paper of the month 52/2014
Erweiterung des Trigger-Tools zur zeitnahen Analyse von unerwünschten Ereignissen für Verbesserungsaktivitäten.

Die Erfassung und Analyse von unerwünschten Ereignissen ist eine der wesentlichen Grundlagen und Herausforderungen im Bereich der Patientensicherheit. Methoden, die häufig angewandt werden, wie die Analyse von Krankenakten, weisen insbesondere zwei Schwierigkeiten auf:

Zum einen hängen sie vollständig von der Dokumentation und Dokumentationsqualität ab. Zum anderen sind die Informationen relativ kontextlos. Es sind oft keine Kenntnisse verfügbar, welche Faktoren zu einem Ereignis geführt haben, wie die Abläufe waren und wie die Beteiligten das Ereignis sehen. Solche Informationen sind aber erforderlich, um aus unerwünschten Ereignissen Ziele und Massnahmen für Verbesserungsaktivitäten ableiten zu können.

 

Wong et al. entwickelten und erprobten nun einen neuen Ansatz. Dabei erweiterten sie die Analyse von Krankenakten mithilfe eines Trigger-Tools in nahezu Echtzeit um ein Debriefing der beteiligten Fachpersonen. Ziel der Studie war es, Faktoren zu identifizieren, die das Ereignis begünstigt haben und die für deren Vermeidung wesentlich sein können. Die Studie fand statt auf einer allgemeininternistischen Station eines Spitals in Kanada.

 

Zunächst wurde eine Liste von Ereignissen entwickelt (trigger tool), die einerseits gut dokumentiert werden, und die andererseits darauf hinweisen können, dass es bei einem Patienten zu einer Schädigung gekommen ist. Beispielsweise ist die „Vitamin-K-Gabe“ ein Trigger, der auf eine Koagulopathie hinweist. Eine geschulte Pflegefachperson prüfte täglich die Patientendossiers hospitalisierter Patienten, also nicht retrospektiv, auf das Auftreten dieser Warnsignale („trigger“). Binnen 48 Stunden nachdem ein Trigger entdeckt wurde, wurden systematisch alle verfügbaren Patientendokumentationen ausgewertet, um das Ereignis abzuklären, weitere Informationen zu sammeln und die begünstigenden Faktoren zu identifizieren. Dafür wurden auch systematisch Debriefings mit den beteiligten Mitarbeitenden geführt.

 

In einem Reviewer-Team wurden dann die gesammelten Informationen genutzt, um die Ereignisse zu klassifizieren. Anhand existierender Definitionen wurde jedes Ereignis kategorisiert, ob es zu einer Schädigung des Patienten kam, ob diese durch die medizinische Versorgung verursacht worden war und ob es auf einen Fehler zurückzuführen und daher vermeidbar gewesen wäre. Für jedes Ereignis wurden die begünstigen Faktoren ausgewertet und im Konsensverfahren ebenfalls klassifiziert. Insgesamt wurden 141 Patienten (703 Patiententage) in diese prospektive, klinische Beobachtung eingeschlossen.

 

Es wurde bei 52% der Patienten mindestens ein Trigger ausgelöst. 22 unerwünschte Ereignisse wurden identifiziert, davon wurden 15 (68%) als vermeidbar klassifiziert (10% der Patienten). Von den vermeidbaren unerwünschten Ereignissen wurden 3 (14%) spontan von den Mitarbeitenden vorgebracht und nicht initial durch Trigger entdeckt. 41 potentiell unerwünschte Ereignisse und 31 Fehler wurden festgestellt.

 

Für die Mehrzahl der Ereignisse konnten mehrere begünstigende Faktoren identifiziert werden (Median=3). Nur bei 6 Ereignissen lag je nur ein begünstigender Faktor vor. Innerhalb der begünstigenden Faktoren lag eine grosse Heterogenität vor. Beispielsweise war die Bandbreite innerhalb der Kategorie „Kommunikation und Teamwork“ gross und beinhaltete 32 verschiedene Probleme. Diese konnten wiederum 7 Subkategorien zugeordnet werden, die jeweils unterschiedliche Interventionen oder Verbesserungsmassnahmen erfordern.

 

Die Studie erprobt eine Methode, die eine wichtige Lücke im klinischen Riskmanagement schliessen kann: nämlich zwischen Verfahren, die die Häufigkeit bestimmter Ereignisse erfassen (trigger tools) und Verfahren, die am Einzelfall und in der Tiefe die Ursachen und begünstigenden Faktoren analysieren (Error and Risk Analyse; Root Cause Analyse). Ein entscheidendes Merkmal ist der prospektive Ansatz, bei dem unklaren Informationen nachgegangen werden kann, die beteiligten Personen verfügbar und die Umstände „frisch“ sind. Als schwierig erwies sich, die richtige Schärfe einer Klassifikation zu entwickeln, die für die Ableitung von Massnahmen funktional ist. Grobe Kategorien vereinigen zwar viele Ereignisse und können so Handlungsbedarfe anzeigen, vereinigen aber oft so heterogene Ursachen, dass diese dann nicht „der einen“ Intervention zuzuordnen sind. Der Trend zum „Echtzeit“- Monitoring ist eine wichtige methodische Entwicklung.

Quelle: patientensicherheit schweiz

Veröffentlicht: 2015-03-23

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